Die Semiotik (auch: Semiologie) ist die Wissenschaft von den Zeichenprozessen in Kultur und Natur. Zeichen, wie zum Beispiel Bilder, Wörter, Gesten und Gerüche, vermitteln Informationen aller Art in Zeit und Raum. In Zeichenprozessen (Semiosen) werden Zeichen konstituiert, produziert, in Umlauf gebracht und rezipiert. Ohne Semiose wären Kognition, Kommunikation und kulturelle Bedeutungen nicht möglich. Wirft man einen Blick in die Kulturgeschichte, so stellt man schnell fest, dass die Reflexion über Zeichen und Zeichenprozesse so alt ist wie die abendländische Philosophie, und auch in anderen Traditionen wurde schon früh über die symbolische Verfasstheit von Kultur nachgedacht. Die semiotischen Fragestellungen sind also älter als alle wissenschaftlichen Einzeldisziplinen und daher geeignet, deren Isolierung zu überwinden, Gemeinsamkeiten zu suchen und Unterschiede vergleichend herauszuarbeiten.
Semiotikerinnen und Semiotiker fragen allgemein danach, was alles Zeichen sein kann, nach den Ordnungen und Strukturen von Zeichensystemen, den verschiedenen Funktionen und Gebrauchsweisen von Zeichen, nach ihrer Materialität, Medialität, Performativität und Ästhetik sowie nach den Beziehungen zwischen verschiedenen Zeichensystemen und Medien.
Dabei beschäftigt sich die Semiotik aber keineswegs nur mit menschlicher Kommunikation und Kultur, sondern etwa auch mit Wahrnehmungs-, Orientierungs- und Interaktionsverhalten bei Tieren und Pflanzen sowie mit Signalprozessen im Inneren von Organismen und Informationsverarbeitung in Maschinen. Als Grundlagen- und Metawissenschaft geht die Semiotik der Frage nach der Zeichenhaftigkeit kultureller und natürlicher Phänomene nach. Dadurch bietet sie unterschiedlichen Disziplinen und Praxisfeldern ein interdisziplinäres Forum an und stellt auch theoretische Grundlagen für die Analyse interkultureller Verständigung bereit.