Dieter Mersch

Semiotik und Grundlagen der Wissenschaft

 

1. Allgemeines

 

1.1 Der Begriff des Zeichens ist grundlegend für alle Wissenschaften, seien es Natur- oder Geisteswissenschaften, wie auch von Technik und Kunst. Dies gilt sowohl für die praktische Forschung als auch für deren theoretische Grundlagen. Nicht nur bedienen sich die Wissenschaften der Zeichen, sei es in Form von Symbolen, Texten, Diagrammen, Graphen oder Statistiken; vielmehr handelt es sich beim wissenschaftlichen Gegenstand selber in besonderer Weise um Zeichen, etwa bei Zahlen, Funktionen oder geometrischen Figuren in der Mathematik, bei Spuren, fossilen Abdrücken oder Ruinen in der Archäologie, bei der Messung von Gravitationsfeldern, Impulsen oder Teilchenbewegungen in der Physik, bei Satzordnungen oder Lautfolgen in der Linguistik, bei der Zuordnung bestimmter Quellen in der Geschichtswissenschaft oder bei der Analyse von Handlungenformen in der Soziologie, um nur einige Beispiele zu nennen. Des Weiteren zählen Gesten, Gebärden, Merkzeichen oder Wegweiser, Farben, Töne, Rahmungen und Buchstaben, wie auch Skulpturen, Riten, Inschriften, Karten oder Bilder zu Zeichen. Das Spektrum erscheint unübersehbar. Umberto Eco nennt allein achtzehn verschiedene Felder einer Semiotik als "Wissenschaft des Zeichens": Von Tierlauten über Geruchs- und Geschmackscodes bis zu den Künsten, den Systemen technischer Reproduktion oder den Medien der Massenkommunikation (Eco 1972, 20-26). Man kann darum sagen: Objekt einer zeichentheoretischen Untersuchung ist eigentlich "alles", weil prinzipiell alles zum Zeichen gemacht oder als Zeichen interpretiert werden kann. Nach Eco kann "Kultur [...]völlig unter einem semiotischen Gesichtspunkt untersucht werden" (Eco 1987, 54). Das heißt, Kulturwissenschaft und Zeichentheorie fallen zusammen: Wo Zeichen analysiert werden, wird Kultur erforscht, und wo Kultur erforscht wird, müssen die vielfältigen Formen der Symbolisierung betrachtet und verstanden werden. Ernst Cassirer bezeichnet deshalb den Menschen insgesamt als "symbolisches Wesen" (animal symbolicum) (Cassirer, 1990, 51): Er erweist sich als zeichenhervorbringendes und zeichenlesendes Tier.

 

1.2 Deutlich wird so, dass es sich beim Begriff des Zeichens um eine universale Kategorie handelt. Methodisches Schließen ist so wenig ohne Zeichen möglich wie Wahrnehmen, Denken oder Handeln. Charles William Morris betrachtet daher die Semiotik als "Prolegomenon jeder zukünftigen Philosophie" (Morris 1972, 343); sie bilde das "Organon", das methodische Instrumentarium möglicher Wissenschaft (Morris 1977, 291). Zentral erscheint dabei der Gesichtspunkt des Sinns: Zeichen setzen Bedeutung und Verstehen voraus (Simon 1989, 39, 40). Der Fundamentalanspruch der Semiotik betrifft dann gleichermaßen die Universalität des Semantischen wie Hermeneutischen. Gemeint sind mit Zeichen freilich nicht isolierte Tatsachen, die sich vorfinden lassen, sondern Prozesse oder Aktivitäten, die Relationen zwischen Entitäten oder Dingen stiften. Die Zeichentheorie hat es deshalb mit Medien zu tun, wie das Zeichen überhaupt auch als Medium par excellence begriffen werden kann. Das verlangt freilich, gleichsam hinter die gewohnten Betrachtungsweisen zu treten und nicht die Sachverhalte selber zu studieren, sondern ein Universum von Bedeutungen, Verweisungen und Strukturen. Semiotik betreiben heißt vor allem, mit Systemen aus abstrakten Beziehungen operieren.

 

1.3 Wenn allerdings "alles" unter einem Zeichenaspekt betrachtet werden kann, so folgt daraus nicht, dass "alles" per se schon Zeichen "ist". Die Welt lässt sich nicht vollständig in eine Totalität aus Zeichenprozessen oder Ordnungen von Relationen zerlegen. Die Grenze der Semiotik liegt vielmehr schon im Zeichen selber. Jedes Zeichen bedarf eines materiellen Trägers, der nicht wiederum durch dasselbe Zeichen bezeichnet werden kann, ohne einem unendlichen Regress zu verfallen. Etwas am Zeichen kann kein Zeichen sein: Ein sprachlicher Laut ist immer auch ein Geräusch, eine Statue ein Granitblock, eine Bild ein Konglomerat aus Farbflecken. Zwar besitzen Kunstwerke Bedeutungen; aber sie setzen gleichermaßen ihre eigene, unverwechselbare Realität, behauptet ihren Platz in einer Kunstwelt und deren Institutionen. Sie als Zeichen lesen impliziert bereits, ihre unmittelbare Präsenz leugnen und die Aufmerksamkeit auf das hin, was sie sie jeweils darstellen oder zum Ausdruck bringen, zu überspringen. Kein Lebendiges ist "an sich" ein Zeichen, sowenig wie die Fülle des erlebten Augenblicks; und doch kann prinzipiell jedes Ereignis zum Zeichen gemacht oder als solches verstanden werden. Es gibt also, wie es wiederum Eco ausgedrückt hat, eine "untere Schwelle" der Semiotik, an der gleichsam das Semiotische aus einem Nicht-Semiotischem entspringt (Eco, 1987, 43, 44, 45). Desgleichen lässt sich auch eine "obere Schwelle" ausweisen (Eco, 1987, 45, 52, 53): Denn was zum Zeichen gemacht wird oder nicht, entscheiden kulturelle Konventionen oder Gebrauchsweisen. Das heißt, Zeichen sind kulturrelativ: Verschiedene Kulturen verfügen über differente Codes, wie ebenso weit voneinander entfernte Epochen ihre Fremdheit oder Unverständlichkeit darin bewahren, dass sie unterschiedliche Ordnungen und Kontexte der Zeichendeutung und Zeichenerzeugung bereitstellen.

 

2. Was ist ein Zeichen?

 

Die verschiedenen Zeichendefinitionen sind so disparat und vielfältig wie die philosophischen Systeme. Sie folgen unterschiedlichen Paradigmen, die freilich kaum auf einen einheitlichen Nenner zu bringen sind. Drei grundlegende Ansätze lassen sich hervorheben: Der klassische Zeichenbegriff (2.1), die funktionale Zeichentheorie (2.2) sowie die strukturale Semiologie (2.3).

 

2.1 Der klassische Zeichenbegriff

 

Es liegt nahe, den Begriff des Zeichens am Modell der Namensgebung oder der "Spur" zu erläutern. Ein Name "steht für" eine Person oder ein Phänomen, wie eine Spur stets auf etwas "verweist": Ein Kratzer auf einem Tisch auf einen spitzen Gegenstand, eine Fährte auf ein Tier. Die klassischen Zeichenbestimmungen setzen hier an: ein Zeichen "steht für" oder "verweist auf" etwas Anderes, das es "ersetzt" oder "repräsentiert". Dann handelt es sich um die Struktur einer Zuordnung, deren Relationsschema binär oder "zweiwertig" verläuft: s ® O, wobei "s" für das Zeichen steht, "O" für den "Referenten", sein bezeichnetes Objekt. Vorausgesetzt wird also eine "Zeichensache", zum Beispiel ein Laut, eine Markierung oder dergleichen, die das "Bezeichnende" genannt wird, und ein "Zeichenobjekt", worauf dieses verweist oder wofür es steht und die das "Bezeichnete" heißt. Dabei läßt sich die Zuordnung selber auf unterschiedliche Weise herstellen: Sie zeigt etwas an, etwa ein Werkzeug intelligentes Leben; sie substituiert ein "Abwesendes" durch eine "Anwesenheit", zum Beispiel eine geliebte Person durch eine Haarlocke; sie repräsentiert einen abstrakten Inhalt durch einen sinnlichen Gegenstand, etwa eine Erinnerung durch ein Denkmal. Das heißt, das Bezeichnete kann jeweils unbestimmt, räumlich entfernt oder zeitlich vergangen sein: Immer aber ist das Bezeichnende gegenwärtig, das Bezeichnete absent.

 

2.1.1 Mit Verweisung, Substitution und Repräsentation sind drei klassische Formen von Zeichenrelationen genannt, die sich demselben Schema fügen, aber Unterschiedliches nuancieren: Die Verweisung stellt eine Beziehung her, ohne dass klar sein muss, worauf sie sich bezieht: Sie gleicht einem Schlussschema der Logik oder einem "Fingerzeig". Bei der Substitution sind Bezeichnendes und Bezeichnetes gleichermaßen bekannt und gegeben, nur entweder räumlich oder zeitlich entfernt: Man könnte ihre Grundlage ontologisch nennen, insofern sie zwei getrennte Seinsregionen unterstellt, durch die die Zeichenbeziehung geknüpft wird. Die Repräsentation wiederum vergegenwärtigt ein Immaterielles: Sie verleiht einem Unkörperlichen einen Körper, einer Idee einen plastischen Ausdruck. Sie kann darum erkenntnistheoretisch heißen, weil die Verbindung, die das Zeichen stiftet, differenten Sphären wie dem Geistigen und dem Sinnlichen entstammt.

 

2.1.2 Darüber hinaus kann in allen drei Fällen die Zeichenrelation verschieden verwendet werden: Sie unterliegen unterschiedlichen Modalitäten des Gebrauchs. Ein Wort, eine Äußerung, aber auch eine Reihe wohldefinierter mathematischer Symbole kann etwas besagen, wohingegen Bilder, Gebärden oder "Winke" usw. vornehmlich zeigen. Zu unterscheiden wäre entsprechend zwischen Sagen und Zeigen. Jedes Zeichen umfasst stets beide Dimensionen: Ein Satz zum Beispiel trifft eine Aussage; ebenso kann er aber auch als Metapher oder als Beispielsatz fungieren; dann besagt er nichts, sondern zeigt. Der Unterschied spielt in der Geschichte der Semiotik eine außerordentliche Rolle: Als Differenz zwischen Diskurs und Deiktik, zwischen Wort und Bild oder zwischen "Darstellungs"- und "Ausdrucksfunktion" (Bühler), "Bedeutung" und "Anzeige" (Husserl) oder "Denotation" und "Exemplifikation" (Goodman).

 

2.1.3 Darüber hinaus ist von Anfang an zwischen konventionellen und natürlichen Zeichen unterschieden worden: Die Sprache bildet ein "konventionelles" Zeichensystem, weil nichts am Wort (abgesehen von Onomatopoetika) auf das verweist, was es bezeichnet; desgleichen gilt von Nummerncodes beim Telefonieren oder der Klasseneinteilung der chemischen Elemente. Dagegen kann ein Wolkengebilde, das ein Gewitter anzeigt, als "natürliches" Zeichen gelten wie ebenso manche Gesten. Der Streit zwischen "Konventionalisten" und "Nichtkonventionalisten" ist dabei so alt wie das Nachdenken über Sprache und Zeichen überhaupt: Er gilt schon für die Thesis-Physis-Diskussion der antiken Sophisten, der Debatte um "Gesetztheit" oder "natürlicher Herkunft" der Namen bei Platon. Dabei bedeutet Konventionalität nicht, dass die Zeichen aus willkürlichen Verabredungen entstehen - eine Auffassung, die schon deshalb widersprüchlich wäre, weil die Verabredung schon der Zeichen bedarf; vielmehr behauptet sie die Geschichtlichkeit der Zeichen und damit die Möglichkeit ihrer Veränderung. Dagegen nimmt die Position der "natürlichen Gegebenheit" eine feststehende Ordnung zum Beispiel des Kosmos oder der göttlichen Schöpfung an, die ein statisches symbolisches Universum evoziert. So geht es in den Auseinandersetzungen um Konventionalität und Natürlichkeit um nichts weniger als um die Frage von Freiheit und Notwendigkeit: Für die Konventionalisten ist der Name nichts als "Schall und Rauch", wohingegen ihre Gegner darauf pochen, das "etwas" am Zeichen der menschlichen Willkür widersteht: Es muss einen "Grund" geben, der rechtfertigt, dass "dieses" Zeichen für genau "jenen" Gegenstand steht, sollen nicht die verschiedenen kulturellen Symbolisationssysteme in eine "grundlose" Beliebigkeit stürzen. Am Streit zwischen Konventionalisten und Nichtkonventionalisten entzündet sich mithin eine komplexe Debatte um die Basis von Kultur.

 

2.1.4 Letzter Punkt entlarvt die prekäre Stelle des scheinbar naheliegenden Modells. Sie betrifft vor allem die Rechtfertigung der Zeichenrelation, das Problem ihrer Beglaubigung. Der Physis-Standpunkt unterstellt eine natürliche Zeichenordnung, deren Herkunft einem transzendenten Wesen überantwortet bleibt; die Thesis-Auffassung stellt sie zurück in die Geschichte des Menschen und lässt damit die Frage des Ursprungs offen. Beide rücken jedoch die Frage nach der Legitimität an einen Ort jenseits der Zeichen. Die klassische Antwort beschränkt sich dabei auf den Vorrang einer Präsenz: Eine sinnliche Gewissheit oder intentionale Vorstellungen überzeugen uns von der Gegebenheit der Welt, für die wir Zeichen besitzen, um auf sie zu verweisen, sie zu ersetzen oder sie zu repräsentieren. Stets gibt es also ein zeichenloses Äußeres, das den Zeichen vorangeht und wovon wir durch andere als symbolische Quellen Kunde besitzen: durch die Unmittelbarkeit der Anschauung oder durch eingeborene bzw. vernünftige Ideen etc. Doch stellt sich dann die weitergehende Frage, wodurch diese wiederum verbürgt werden, wenn nicht, wie Jacques Derrida betont hat, durch die Zeichen selber, mit deren wir allererst zu Unterscheidungen gelangen oder die Vernunft sprechen lassen (Derrida, 1995, S, 212, 213). Ungelöst bleibt somit vor allem das Problem der Mitteilung des Wissens: Es setzt die Zeichen ebenso voraus, wie umgekehrt die Zeichen in ihrer Beziehung das Wissen der Wirklichkeit voraussetzt.

 

2.2 Funktionale Zeichentheorie

 

Die Krise des klassischen Zeichenbegriffs hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu alternativen Zeichenmodellen geführt, die sämtlich eine Erweiterung des binären oder zweistelligen Schemas zu einer dreistellige Relation bzw. einem ternären Prozess beinhalten. Die Entdeckung des semiotischen Dreiecks markiert dabei die Schwelle der modernen Semiotik. Sie wird im 19. Jahrhundert unabhängig voneinander durch Gottlob Frege und Charles Sanders Peirce überschritten.

 

2.2.1 Frege geht vom klassischen Zeichenbegriff aus, um ihm eine Grundlage in der Mathematik der Funktion zu verleihen. Die Zeichenrelation s ® O wird zu einer wohldefinierten Funktion f: x ® y, wobei x und y freie Variablen bilden, die gleichsam als Platzhalter für konkrete Objekte fungieren (Frege, 1977, 16). Seine Definition zeichnet im Zeichen die Struktur der Substitution aus, jedoch so, dass diese nicht starr nach demselben Schema verläuft, sondern in seiner Form mit dem jeweiligen Funktionalausdruck variiert. Ein Zeichen für etwas sein heißt dann genauer: x steht in einer f-Beziehung zu y. Das heißt, nicht nur das "was" der Zuordnung zählt, sondern auch der Funktionsterm, ihr "wie". Letzterer beinhaltet eine Vorschrift, die durch Einsetzung der Stellen erfüllt wird, nicht umgekehrt, weshalb Frege ergänzt, dass der Buchstabe x "nur dazu (dient), die Art der Ergänzungsbedürftigkeit anzudeuten, indem er die Stellen kenntlich macht, wo das Zeichen des Arguments einzutreten hat" (Frege, 1962, 22). Kein Zeichen verweist demnach einsinnig auf sein Bezeichnetes; stets ist vielmehr die Weise der Bezugnahme von Belang, so dass zu der zweistelligen Relation der Bezeichnung als dritte Stelle der Modus hinzukommt, wobei Frege "Sinn" und "Bedeutung" unterscheidet (Frege1962, 40, 41, 42). Aufgeworfen wird mithin jenes Modusproblems, wie es für die gesamte pragmatische und analytische Philosophie der Sprache leitend werden sollte. So kann, einem Beispiel Donald Davidsons zufolge, die Äusserung: "Du wirst Dir die Schuhe zubinden" je nach Verwendung eine Behauptung, Bitte, Drohung oder Aufforderung darstellen (Davidson, 1994, 172). Entsprechend erfährt das klassische Problem der Zeichenbegründung eine Lösung im Pluralismus von Gebrauchsweisen, wie ihn später Wittgenstein postuliert hat.

 

2.2.2 Demgegenüber hat Charles Sanders Peirce das Zeichen von vornherein als einen triadischen Prozess definiert. Ebenfalls noch scheinbar ganz im überlieferten Rahmen von Repräsentation wird dabei ein Zeichen zunächst als "Repräsentamen" gefasst, doch mit dem entscheidenden Zusatz, dass es "in einer solchen Beziehung zu einem Zweiten steht [...], dass es fähig ist, ein Drittes, das sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in der selben triadischen Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen, in der es selbst steht" (Peirce, 1983, 64). Die Zeichenrelation verbindet mithin zwischen Zeichenträger (S), Zeichenobjekt (O) und Interpretant (I). In immer neuen Wendungen hat so Peirce die Triplizität der Semiose herausgestellt, die ein genuines "semiotisches Dreieck" erzeugt:

S - O     \   /

               I

 

Dabei kann kein Zeichen kann als Zeichen funktionieren, solange es nicht "einen wirklichen Interpretanten", das heißt eine entfaltete Bedeutung besitzt (Peirce, 1983, 64). Seine Relation geht nicht in der einfachen Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem auf, sondern es bedarf der Auslegung, um sie zu erfüllen. Insbesondere besteht die außerordentliche Neuerung des Peirceschen Zeichenmodells darin, dass er die Zeichentriade zirkulär konzipiert, insofern "der Interpretant selbst ein Zeichen ist, der ein Zeichen desselben Objekts bestimmt usf." (Peirce, 1983, 64), wobei der Zirkel eine Dynamik evoziert, die die Möglichkeit fortlaufender Reinterpretation einschließt: "Ein Repräsentamen ist das erste Korrelatum einer triadischen Relation, wobei das zweite Korrelatum ihr Objekt genannt und das mögliche Dritte Korrelatum ihr Interpretant, so dass durch die triadische Relation der mögliche Interpretant als das Erste Korrelatum derselben triadischen Relation zu demselben Objekt und für einen möglichen Interpretanten bestimmt ist." (Peirce, 1983, 123) Insbesondere spricht Peirce von der Semiose als einer "Aktion": Zu einem Laut gehört nicht nur der Gegenstand, der durch ihn bezeichnet wird, sondern auch die vielschichtige Semantik seines Gebrauchs, die Vorstellungen, die er weckt, wozu gleichermaßen auch eine Geschichte tritt, mit der er ständig bereichert wird. Kein Interpretant interpretiert ein Zeichen definitiv: Der Prozess der Interpretation kommt nirgends an ein Ende; vielmehr enthüllt sich jede Deutung selbst wieder als ein Deutbares, an das ein Netz weiterer Zeichen und Auslegungen anschließt, die sich alle auf "dasselbe Objekt" beziehen. Jede "Rezeption" zum Beispieleines literarischen Textes oder einer wissenschaftlichen Entdeckung wird zum Ausgangspunkt einer Kette von Übertragungen und Kommentaren, die eine Flucht erneuter Interpretationen, sei es in Form von Paraphrasen, Metaphern, Diskursen oder Revisionen nach sich zieht, die ihrerseits wieder darauf warten, interpretiert zu werden usw: "Es ist nämlich jedes Symbol in einem sehr strikten Sinne ein lebendiges Wesen [...]. Der Körper eines Symbols verändert sich langsam, doch seine Bedeutung wächst unweigerlich, nimmt neue Elemente in sich auf und schließt alte aus" (Peirce, 1983, 46):

               ...

                     I3=S3

                     |   /

             S - O - I2=S2

                     |

                     I1=S1

Das Begründungsproblem des klassischen Zeichenbegriffs löst sich entsprechend in einen infiniten Prozess auf. Das wesentliche am Zeichen ist nicht seine Relation, sondern das unaufhörliche Geschehen einer Rekursion. Ausdrücklich bekennt sich dabei Peirce zu einem Fortschritt in der Interpretation - sogar zu einem "Wachstum an Vernünftigkeit" (Peirce 1970, 279). Jede neue Deutung enthält die Möglichkeit einer Vermehrung an Komplexität und Information, doch so, dass sie einem virtuellen "letzten Interpretanten" (final opinion) gehorcht, der als "regulatives Prinzip" ihren Prozess zu korrigieren und zu steuern erlaubt. Bedeutung gründet also nicht in einer Entsprechung der Zeichen, sondern finalisiert sie: "Ein Symbol ist eine embryonale Wirklichkeit, begabt mit dem Vermögen, in die Wahrheit, in die Entelechie der Wirklichkeit hineinzuwachsen." (Peirce, 1991, 377) Die Peircesche Semiotik mündet damit letztlich in einen teleologischen Optimismus: Er schützt die Theorie des Zeichens davor, im Augenblick ihrer neugewonnenen Freiheit in die Bodenlosigkeit abzustürzen.

 

2.3 Strukturale Semiologie

 

Dagegen hat die strukturale Semiologie ganz anders angesetzt. Ausgangspunkt bildet nicht das einzelne Zeichen, eine Geste, ein Wort, ein Wegweiser oder eine Abbildung, sondern ein Ganzes, das als ein System von Einteilungen aufgefasst wird, in dem die Zeichen als Stelle oder Element fungieren. Relevant erscheint dann vor allem die Struktur von Unterscheidungen, denen das Reale unterzogen wird, die nicht die jeweiligen Beziehungen, die die Zeichen stiften. Entsprechend wird auch nicht nach der Bedeutung eines Ausdrucks gefragt, sondern nach seiner Stellung im System. Wiewohl Saussure eine "allgemeine Semeologie" (Saussure 1967, 19) in Aussicht stellte, hat er diese gleichwohl nirgends realisiert; vielmehr bildet sein Paradigma allein die Sprache, so dass die strukturale Semiologie eigentlich als eine Linguistik antritt, deren Ergebnisse sekundär auf andere Zeichensysteme übertragen werden.

 

2.3.1 Nach Saussure bildet die Sprache keine "Nomenklatur" (Saussure, 1967, 20, 76), vielmehr eine sich ständig in der Zeit bewegende und verändernde Totalität, in der zunächst gar nicht klar ist, was ein Zeichen ist. Maßgeblich ist vielmehr die Lokalität der Positionen zueinander, von denen sie ebenso abhängen wie sich unterscheiden, denn "(d)ie Symbole sind wie jede Art von Zeichen, nie etwas anderes als das Ergebnis einer Entwicklung, die einen ungewollten Bezug zwischen Dingen geschaffen hat [...]." (Saussure 1997, 422). Jenseits des Streits zwischen Konventionalität und Nichtkonventionalität spricht Saussure näherhin von "Arbitrarität" (Saussure 1967, 79, 80). Nicht die Geschichtlichkeit der Verbindung zwischen Bezeichnendem und Bezeichneten, die Saussure als "Signifikant" und "Signifikat" bezeichnet (Saussure 1967, 77, 78), ist relevant, sondern ihre "Unmotiviertheit": der "Zufall", "wenn ein Zeichen einem Objekt entspricht" (Saussure 1997, 337, 338). Es geht also darum, das Augenmerk vor allem auf das System der Gliederungen und Klassifikationen zu legen, das die Sprache ausmacht, nicht auf das Problem der Referenz: "Es ist gewiss unglücklich, dass man damit beginnt, diese Gegebenheit der bezeichneten Objekte, die hier überhaupt nichts zu suchen haben, als wesentliches Objekt einzuführen" und "die Sprache auf etwas Äußeres zurückzuführen" (Saussure, 1997, 338, 339). Das Symbolische verweist auf nichts Außersymbolisches, denn "(w)er Substitutionen sagt, unterstellt bereits, dass der Term, dem man ein Substitut gibt, eine Existenz hat" (Saussure, 1997, 410); vielmehr handelt es sich um ein Ganzes von Beziehungen, das ein höchst variables Reales gebiert. Entscheidend ist dann deren Einteilung und Segmentierung, die Saussure als Schnitte oder "Tranchen" beschreibt (Saussure 1997, 336). Demnach existiert eine sprachliche Tatsache nur, wenn sie gegen andere abgegrenzt ist: Für sich ist sie nichts; es gibt sie allein als Differenz. Der Vorrang der Struktur im Strukturalismus hat hier seinen Ort: Die Sprache erweist sich als "eine Form", nicht als eine "Substanz" (Saussure 1967, 134). Wollte man daher, ähnlich wie bei Frege oder Peirce eine mathematische Struktur zugrunde legen, müsste man statt von Funktionalausdrücken von einer Matrix oder abstrakten Algebra ausgehen, allerdings so, dass das Gebilde nicht statisch vorzustellen ist, sondern als Geschehen, das der Transformation in der Zeit unterliegt. Statt des "semiotischen Dreiecks" bei Peirce wäre entsprechend von einem unablässig sich verschiebenden "linguistischen Quadrat" zu sprechen, das Saussure graphisch durch die Beziehungen a / a' und a / b ausdrückt (Saussure 1997, 336):

 

   a   -  b

   |        |

   a'  -  b'.

 

2.3.2 Das Saussuresche Programm entstammt Vorlesungsmitschriften und vorläufigen Nachlassnotzen, die ihre eigentliche Wirkmächtigkeit erst ab 1950 vor allem unter Einfluss von Claude Lévi-Strauss und Roland Barthes entfalteten. Die Struktur des Zeichens in der Sprache wurde dabei auf soziale Verwandtschaftsbeziehungen (Lévi-Strauss), auf das Feld des Zeichens im Unbewussten (Jacques Lacan), auf die Theorie der modernen Literatur (Julia Kristeva), auf die Sprache des Alltagsmythos, der Liebe, der Mode etc. (Roland Barthes), schließlich auf die Gebiete der Geschichte und der politischen Macht (Michel Foucault) erweitert. Allerdings zählt für die Entwicklung der strukturalen Semiologie nicht so sehr ihre Ausweitung, als vielmehr die gleichzeitige Radikalisierung ihrer Grundlagen. So hat in Bezug auf die ursprüngliche, durch den klassischen Zeichenbegriff aufgeworfene Frage nach der Begründung der Zeichenbeziehung Jacques Derrida drei grundlegende Konsequenzen gezogen: (a) Wenn das Zeichen sich durch die fortlaufende Verschiebung innerhalb des Systems erst konstituiert, gewinnt es seine Identität erst durch seine Wiederholbarkeit. "Iterabilität" wird dann zum Kriterium des Zeichens selber, denn "was sich nicht wiederholt " hat, eben weil es sich nicht wiederholt, keine Einheit. Allein das, was sich in seiner Identität wiederholt, kann eine Einheit haben." (Derrida 1995, 412, 413) Nicht länger gehorcht das Zeichen einer intrinsischen Differenz, die es nach Bezeichnendes und Bezeichnetes, Signifikant und Signifikat einteilt, sondern es wird zur "Marke", deren Charakteristikum nicht ihre Relationalität, sondern die Performanz von Wiederholungen darstellt (Derrida, 1999, 333). Derrida hat daran vor allem den zunächst irritierenden Aspekt der Skripturalität des Signifikanten geknüpft (Derrida 1974, 120, 121): Das Wiederholbare ist schon Schrift, weil es dem Charakter einer "Schriftlichkeit" genügt, gleichgültig ob es sich einen Laut, eine Geste oder eine Figur in einem Spiel handelt. (b) Wenn sich das Zeichen erst innerhalb eines Differenzsystems konstituiert, das ihm seine Stelle oder Ort zuweist, dann ergibt sich wiederum die Frage nach der Konstitution des Differenzsystems selber, zumal von ihm gesagt wird, dass es in der Zeit "driftet". Die Ordnung der Signifikanten wäre dann etwas, was sich systematisch ihrer eigenen Beschreibbarkeit entzieht. Derrida rückt dagegen das Prinzip der Differenz selber ins Zentrum, aber so, dass er von einer sich ständig differierenden Differentialität ausgeht, denn "(d)a das Sprachsystem, das bei Saussure eine Klassifikation ist, nicht vom Himmel gefallen ist", müssen die Unterschiede, die seine Struktur bestimmen, selbst das Ergebnis eines Agens sein, das sie als "Effekte" erzeugt (Derrida, 1999, 40). Mit dem Zusatz, eine Differenzen hervorbringende Differenz zu denken (Derrida, 1979, 145), die er mit dem Neologismus différance bezeichnet (Derrida, 1999, 29, 30), schließt somit Derrida den von Saussure eingeschlagenen Weg ab, indem er ihn zugleich von der Struktur zum "Spiel" (Derrida 1999, 40, 41) überschreitet. (c) Die Zeichendifferenz gründet sich demnach nicht in einem "Grund", der sie beglaubigt, sondern sie verliert sich in ein selbst grundloses "Ereignen". Nicht länger kann entsprechend von der Sprache " oder irgend einem anderen Zeichensystem " als einer "Form" gesprochen werden, sondern nur mehr von einem Geschehen ununterbrochener Differierung, in dem nichts je feststeht (Derrida 1999, 55, 56). Nicht nur wird so die Grundlage des Zeichens erschüttert, sondern auch Wissenschaft, die sich der Zeichen bedient.

 

3. Zur Geschichte der Zeichentheorien

 

3.1 Antike Zeichenlehren

 

3.1.1 Das griechische Wort für Zeichen lautet: Semeion; die Zeichenlehre, die die Griechen in einem ausgearbeiteten Sinne nicht kannten, wäre entsprechend die Semiotiké " ein Wort, das erst John Locke in die Philosophie eingeführte (Locke 1988, 438). Die Frage nach der Natur der semata stellte sich dem griechischen Denken im Kontext der Sprache, allerdings so, dass nach Wahrheit und Täuschung der "Namen" gefragt wurde. Der "Skandal" der Zeichen ist ihre Fähigkeit zur Lüge, wie sie die Kunstfertigkeit der Rede anzeigt; entsprechend besteht das Problem im Aufweis eines Kriteriums für die Wahrheit oder Angemessenheit des sprachlichen Ausdrucks. Dafür steht der Begriff des logos ein " ein Wort wiederum, das sowohl Vernunft als auch Sprache bedeutet. An ihm fand die antike Zeichenlehre ihr Maß und ihre Aufgabe. M.a.W., die Untersuchung und Theorie der Zeichen gehörte im Altertum zum Bereich der Logik. Sie umfasst, im Unterschied zum heutigen Verständnis, nicht die "Gesetze" oder Regeln des richtigen Schließens, sondern in erster Linie die "Dialektik" als Lehre vom "Lesen" und "Deuten", von den Kategorien und Aussagen, und erst in zweiter die "Rhetorik" als Lehre von den "Topoi", den treffenden Gesichtspunkten der Rede. Beide erschienen gleichermaßen als Wissenschaften des Wortes: einmal in Ansehung des Wahren, zum anderen im Hinblick auf das Gute. Als solche galten sie als Teile einer Grundlagenlehre des Wissens und gingen entsprechend der Philosophie voraus. Anders gesagt: "Semiotik" entwickelte sich im Gewand von Sprachphilosophie als einer philosophischen Fundamentallehre für Wahrheit überhaupt.

 

3.1.2 Platon diskutiert in seinem Dialog Kratylos vor allem die Frage nach der Herkunft der Namen. Jenseits der durch die Sophistik aufgestellten Alternative zwischen Thesis und Physis (vgl. 2.1.3) nimmt er eine abwägende Stellung ein und schlägt als dritten Weg den des Logos vor. Denn die sprachlichen Zeichen sind vor allem Werkzeuge (organon); sie dienen den Zwecken der Begriffsbildung und Kommunikation. Insofern jedoch Werkzeuge geschaffen sind, um ihren Zweck bestmöglich zu erfüllen, optiert Platon zwar für eine thetische Vorstellung der Sprache, doch so, dass ihre Gesetztheit der "Kunst" (techné) eines "Wortbildners" entstammt (Platon 1998, 123, 124), wobei der "Dialektiker" gemeint ist, der sich auf das "Wesen" der Dinge versteht. Der Benennung durch Zeichen eignet dann keine Willkür, sondern eine Art "Gemäßheit', wie sie das Wahre selber vorgibt.

 

3.1.3. Ganz erheblich unterscheidet sich davon der Ansatz des Aristoteles, wie er ihn in der Schrift Peri hermeneias entwickelt hat. Sie bietet die erste ausgearbeitete Zeichentheorie, die eine über Jahrtausende anhaltende Wirksamkeit entfalten sollte und ihre Ausstrahlung bis zur frühen Neuzeit behalten wird. Grundlage bildet die antike Ontologie, die von der Selbstpräsenz der Dinge ausgeht, die ihre jeweiligen "Eindrücke" in der Seele hinterlassen. "Nun sind die (sprachlichen) Äußerungen (tà en té phone) unserer Stimme ein Symbol für das, was (beim Sprechen) unserer Seele widerfährt, und das, was wir schriftlich äußern, (ist wiederum ein Symbol) für die (sprachlichen) Äußerungen unserer Stimme. Und wie nicht alle (Menschen) mit denselben Buchstaben schreiben, so sprechen auch nicht alle dieselbe Sprache. Die seelischen Widerfahrnisse aber, für welches dieses (Gesprochene und Geschriebene) an erster Stelle ein Zeichen ist, sind bei allen (Menschen) dieselben; und überdies sind auch schon die Dinge (prágmata), von denen diese (seelischen Widerfahrnisse) Abbildungen (homoiomata) sind, für alle dieselben." (Aristoteles 1994, 3) Weder stehen die Zeichen für die Wirklichkeit noch bilden sie diese ab; vielmehr prägt sich die Form der Welt in den Spiegel der Seele ein, dem die Zeichen als Form des Ausdrucks wiederum zu genügen trachten. Dabei enthüllt sich die Zeichenbeziehung selber als strikt linear und zweiwertig, und zwar gleichgültig, ob es sich dabei um Laute oder Schriftmarken handelt. Aristoteles begründet also allererst das klassische Zeichenmodell der Substitution oder Repräsentation (vgl. 2.1), auch wenn der griechische Text letztlich vielerlei Lesarten zulässt.

 

3.2 Mittelalterliche Zeichenlehren

 

3.2.1 In dem Masse, wie in der Spätantike die Gültigkeit des Logos zerbrach, setzte die mittelalterliche Welt die Theologie des christlichen Gottes an seine Stelle, nicht ohne die antike Philosophie mit ihrer Zeichenlehre, aber auch ihrer Einteilung der Wissenschaften zu beerben. Nahezu alles aus antiken Quellen ist ins Mittelalter übergegangen, wurde, übersetzt, angeeignet und gemäß den christlichen Lehren modifiziert: vor allem Logik und Mathematik sowie eine an der Analogienlehre geschulte Symboltheorie. Hinzu kamen Elemente des Platonismus und Neuplatonismus, besonders im Frühmittelalter und in der Mystik, sowie später in der Hochscholastik das Denken des Aristoteles, der fortan für Fragen der Philosophie als unumstrittene Autorität galt. Seine Metaphysik trieb jedoch gleichzeitig einen Keil in die Mauern des christlichen Gebäudes, indem sie die angestrebte Synthese zwischen Vernunft und Glauben, Wissenschaft und Theologie vereitelte. An ihrer Unmöglichkeit löste sich schließlich die Einheit des mittelalterlichen Geistes auf.

 

3.2.2 Der Konflikt lässt sich gleichermaßen an der Zeichenauffassung des Mittelalters ablesen. Im Unterschied zur Antike ist sie durch eine entscheidende Modifikation geprägt: Alle Wirklichkeit, alles Tun und Lassen erscheint von einer unaufhebbaren vanitas, der Endlichkeit und Vergeblichkeit der Welt durchtränkt. Sie beherrscht die gesamte Vorstellung des Diesseits und hat zur Folge, dass sich der Status von Ding und Zeichen, Welt und Symbol gegenüber antiken Auffassungen umdreht: Das Wirkliche ist nichtig, ein Durchgang, eine schmerzliche Passage, von der nichts übrigbleibt als Zeichen, beladen mit Bedeutung und Erinnerung, die allein vom Dasein Gottes künden. Nur wer versteht, in ihnen wie in einem Buch zu lesen, "hat" Gott, vermag seine Schöpfung zu erkennen und auf das Jenseits zu hoffen. Das Symbolische ist darum mehr als nur ein kontingentes Behältnis: es ist lebendiges Zeugnis der Göttlichkeit der Welt und Urkunde seines Daseins. Kaum ein Bereich, der nicht die universelle Anwesenheit der Zeichen bezeugte: Die Gewissheiten der Theologie war ihnen aufgebürdet, wie die Kultur der Weltlichkeit, die Politik, die Zeremonien der Feste, die alltäglichen Verrichtungen.

 

3.2.3 Es waren die aristotelische Aufklärung und der ihr entspringende Nominalismus eines Wilhelm von Ockham, die dem mittelalterlichen Zeichenuniversalismus ein Ende setzte. Ockham entkleidete das Zeichen seiner Mystifikation. Maßgeblicher Grundsatz bildet die unter dem Titel des "Rasiermessers" bekannt gewordene Beseitigung jener "unnötigen Mehrwisserei", die zusätzlich zu den Gegenständen der Wirklichkeit noch ihre Symbolisierung hinzufügte. Stattdessen besteht für Ockham die Funktion des Zeichens allein in der Festsetzung von "Definitionen": Nur Einzeldinge können durch Namen bezeichnet werden; Allgemeinbegriffe haben keine Präsenz, die sich vergegenwärtigen lassen, vielmehr erweisen sie sich als reine Gedankenkonstruktionen (Ockham 1984, 5, 7). Daraus folgt nicht, dass sie nichts bedeuten " wohl aber, dass sie nichts bezeichnen. M.a.W.: Die Wahrheit oder das "Wesen" einer Sache existiert nicht als ein Wirkliches, sondern lediglich als der Inhalt einer Aussage über Wirkliches, den die urteilende Vernunft hinsichtlich ihrer Wahrheit oder Falschheit zu untersuchen vermag. Die Konsequenz betrifft auch das "höchste Wesen": die Wirklichkeit Gottes lässt sich nicht aus seinem bloßen Begriff schließen, sondern muss "geglaubt" werden. Ockham spitzt auf diese Weise die aristotelische Zeichenlehre nominalistisch zu, indem er dieser gegenüber eine folgenschwere Verschiebung einträgt, deren Radikalität schließlich ebenso aus der antiken Überlieferung wie aus dem Mittelalter herausführt und weit in jene Zeit vorweist, die später als via moderna bezeichnet wurde. Denn anders als bei Aristoteles bildet für Ockham das "Gedankenzeichen" den Ausgangspunkt (Ockham 1984, 3, 5): Nicht die Welt zeigt der Seele ihr Gesicht, indem sie sich ihr "einprägt", sondern dem Denken präsentiert sich eine von ihm unabhängige Wirklichkeit, über die es mittels Zeichen verfügt. Herzstück des Ockhamschen Nominalismus ist deshalb die "Suppositionslehre" (Ockham 1984, 25, 27), die das Zeichen instrumentalisiert. Das Erkennen erweist sich als eine selbständige Leistung des Verstandes, die zwar nicht ohne Zeichen auskommt, der aber die Zeichen nichts hinzufügen oder abziehen. Ockham verweigert damit dem Symbol jegliche Autonomie " und instauriert derart jene Zeichenlehre, die nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der neuzeitlichen Wissenschaften und der Aufklärung nahm.

 

3.3 Neuzeitliche Zeichenlehren

 

3.3.1 Es bedurfte freilich eines langen und umwegigen Prozesses, bis der Ockhamsche Nominalismus sich als Grundlage des technisch-wissenschaftlichen Rationalismus der Neuzeit durchsetzen konnte. Es war vor allem René Descartes, der mit seiner grundlegenden Unterscheidung zwischen res extensa und res cogitans, dem Bereich des "Ausgedehnten" und des "Denkens", einen Dualismus schuf, der für die gesamte Periode der Aufklärung leitend blieb. Grundlage bildet die unerschütterliche Evidenz des cogito ergo sum, des "Ich denke, also bin ich", aus der sich ein unbedingter Vorrang des Selbstbewusstseins herleitet, gegenüber der die Welt zum bloß sekundären Objekt herabsinkt. Gleichzeitig wird durch die Schule von Port Royal der Begriff der "Repräsentation" eingeführt, den Michel Foucault mit dem klassischen Zeichenbegriff selber identifizierte (Foucault, 1971, 82, 83, 84). Ihm wohnt ein Herrschaftsgestus inne, der das Bewusstsein und seine Erkenntnismittel einseitig mit Freiheit und Souveränität ausstattet, während die Wirklichkeit zum bearbeitbaren und erforschbaren und damit an sich selbst nichtigen Material herabsinkt. Auf dieser Teilung fusst die ganze Emphase und Wissenschaftsgläubigkeit der Aufklärung. Ihr ist ein Zeichenmodell implementiert, das von der Gleichgültigkeit des Symbolischen ausgeht und das Zeichen einseitig unter die Bestimmung seiner Instrumentalität stellt. Erkenntnisrelevant ist allein die subjektive Erfahrung, ihre methodische Durchdringung mittels Begriffe und Apparaturen, schließlich die rationale Erklärung der Welt durch die Formulierung allgemeingültiger Gesetze des Denkens. Eine eigentliche Zeichentheorie kennt deswegen die neuzeitliche Wissenschaft nicht. Bei Kant, Fichte, Schelling und Hegel spielen Zeichenreflexionen kaum eine systematische Rolle, und wo doch, dominiert durchweg das klassische Modell von Repräsentation. Nicht die Zeichen und ihre Interpretationen prägen das Wissen, sondern Vernunft, deren Kategorien, Prinzipien und Schlüsse Eindeutigkeit, Wahrheit und Legitimität der Erkenntnis garantiert. Einzig was vor dem Gerichtshof der Rationalität Bestand hat, genießt Anerkennung; alles andere wird zu bloßem Glauben, Irrtum oder zur pseudowissenschaftlicher Spekulation.

 

3.3.2 Eine entwickelte Semiotik findet sich einzig bei den englischen Empiristen; doch was bei Francis Bacon, Thomas Hobbes oder John Locke zu finden ist, stellt kaum mehr dar als eine Wiederholung und Spezifizierung des Ockhamschen Nominalismus. So fasst Hobbes Worte als "Rechensteine", mit denen der Verstand "rechnet" (Hobbes 1966, 29). Deutlich wird anhand der Kapitelfolge seines Leviathan, die vom Verstand und der menschlichen Rede handelt, dass Hobbes insbesondere das Denken der Sprache voranstellt: Im Idealfall sollen Sätze nicht mehr darstellen, als passive "Realisierungen" dessen, was die Vernunft vorgibt. Ähnlich argumentiert auch John Locke. Die Zeichen gelten ihm als Repräsentationen "innerer Vorstellungen"; diese zu lesen, heißt jene verstehen: "Der Zweck der Wörter besteht [...] darin, sinnlich wahrnehmbare Kennzeichen der Ideen zu sein; die Ideen, für die sie stehen, machen ihre eigentliche und unmittelbare Bedeutung aus". (Locke 1988, 5) Deshalb besteht der Auftrag der Sprache in einer möglichst getreuen Abbildung unserer durch Erfahrung gewonnenen Vorstellungswelt; sie muss überall "durchsichtig" bleiben, ohne Ornament des Wortes, so dass die Zeichen buchstäblich nur vorkommen dürfen, um unbemerkt zu bleiben: Man muss durch sie hindurchblicken können, um der "Wirklichkeit" den Schleier des Scheins zu entreißen. Jegliche Rhetorik, seit Jahrhunderten das Reservat einer rudimentären Zeichentheorie, wird abgelehnt und erhält ihr Schattendasein einzig in der Dichtkunst. Noch Kant wird diesen Standpunkt wiederholen und radikalisieren, wenn er die Rhetorik als "hinterlistige Kunst" insgesamt abtut: "Beredtheit und Wohlredenheit (zusammen Rhetorik) gehören zur schönen Kunst; aber Rednerkunst (ars oratoria) ist, als Kunst, sich der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten zu bedienen [...], gar keiner Achtung würdig." (Kant 1957, 431)

 

3.4 Moderne Zeichentheorien

 

3.4.1 Es dauerte knapp hundertfünfzig Jahre semiotischen Schlafes, allein unterbrochen von den heterodoxen Sprachphilosophien Hamanns, Herders und Humboldts, bis das Thema des Zeichens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder virulent wurde und die Periode der modernen Semiotik einläutete. Mit einem Schlag entstehen eine Reihe neuer Entwürfe, die sich heuristisch in Pragmatismus (Peirce, Morris), Analytik (Frege, Wittgenstein), allgemeine Symbolphilosophie (Cassirer, Goodman), Phänomenologie und Hermeneutik (Husserl, Heidegger), Psychoanalyse (Freud, Lacan) sowie funktionalistische bzw. strukturale Semiologien und Semiotiken (Saussure, Jakobson, Lotman, Eco) einteilen lassen. Ihre theoretischen Verflechtungen untereinander sind mannigfach: Die moderne Semiotik ist vor allem ein Diskussionszusammenhang. Ihr gemeinsamen Nenner bildet einerseits die Kritik des klassischen Zeichenmodells und seines streng binären Schemas der Repräsentation (3.4.2), andererseits eine Rationalitätskritik, die sich von einer allgemeinen Metaphysikkritik (3.4.3) zum "Dekonstruktivismus" (3.4.4) fortschreibt.

 

3.4.2 Die Entwicklung der moderne Semiotik fällt mit der Ablösung der Abbildtheorie sowie der Konstitution eines alternativen Zeichenschemas zusammen. Gleichzeitig erfahren Nominalismus und Repräsentationalismus eine durchgreifende Kritik. Sie ist im Übergang vom klassischen Zeichenbegriff zur funktionalen Zeichentheorie (2.2) bei Frege und Peirce und zur strukturalen Semiologie (2.3) bei Saussure bereits behandelt worden. Hinzuzufügen bleibt, daß sich der befreiende Impuls von Nominalismus und Repräsentationalismus gegenüber dem mittelalterlichen Symbolismus nunmehr erneut umkehrt: Erkannt wird ihr impliziter Reduktionismus, ihre Verkürzung auf Instrumentalität, der die Kategorie der Bedeutung als einem rational nicht zu durchdringenden Begriff hinzugefügt wird. Zugleich kehrt in anderem Gewand das einstmals Verdrängte wieder: Rhetorik und Ästhetik erfahren eine Aufwertung, ebenso die "Kunst" des Interpretierens, die Hans-Georg Gadamer von Heidegger her der antiken Phronesis (Klugheit) als einer alternativen Vernunftsform zugeordnet hat (Gadamer, 1999, 323, 328, 329), die nicht methodisch vorgeht, sondern sich am Einzelfall orientiert. Gleichermaßen erscheint auch die Ausrichtung auf Wahrheit im Sinne einer Übereinstimmung von Begriff und Sache obsolet: Das Wahre geschieht als Auslegung, als "Sinn von Sein" und unterliegt darin der Zeit, das heißt auch der ununterbrochenen Veränderung und Revision (Heidegger 1972, 226-230, 336-339).

 

3.4.3 Nahezu sämtliche philosophischen Projekte der Gegenwart konvergieren im Problem des Zeichens, der Sprache oder der Interpretation. Deren zentrale Stellung ist zugleich Ausdruck einer tiefgreifenden Destruktion sämtlicher überlieferter Denksysteme: Metaphysikkritik und Zeichen-, Sprach- und Symbolphilosophie gehören zusammen. Die Wendung lässt sich vielleicht am Direktesten bei Ludwig Wittgenstein ablesen: "Alle Philosophie ist 'Sprachkritik'" (Wittgenstein, 1989, 33) " ein Motiv, das bereits im Frühwerk formuliert wird und sich bis in die Spätphilosophie durchhält. Sprachkritik bedeutet hier allerdings nicht " wie bei Hobbes und Locke " die rationale Klärung des Satzes auf der Grundlage der Logik, sondern die Abgrenzung des Denkbaren und Undenkbaren vom "Sagbaren". Nicht das Denken unterwirft die Sprache seiner Verfügung, sondern die Sprache das Denken. Dann gibt es Gedanken nur in einer durch die Zeichen medialisierten Form " eine Konsequenz, die bereits Peirce zog. Deshalb kommt Wittgenstein zur Konsequenz, daß "(d)ie meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, [...] nicht falsch (sind), sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, daß wir unsere Sprachlogik nicht verstehen." (Wittgenstein, 1989, 32, 33) Die Schlußfolgerung formuliert programmatisch jene "Transformation der Philosophie", wie sie für die Philosophie des 20. Jahrhunderts überhaupt charakteristisch geworden ist und den gesamten Kanon überlieferter Themen und Begriffe umstürzt: Sie werden zu Themen des Symbolischem, der Deutung, des Sinns, der Sprache oder des Zeichens. Was einst als real galt und sich unschuldiger Wahrnehmung präsentierte, verflüchtigt sich zu einem unendlichen System aus Verweisungen. "Kein ding sei wo das wort gebricht", zitiert Heidegger aus einer Dichtung Stefan Georges (Heidegger 1975, 162, 163, 164): "Sein", "Zeichen" und "Sprache" erweisen sich als einander ursprünglich zugehörig.

 

3.4.4 Diese strikte Ausrichtung auf ein "Apriori" des Zeichens und seiner Strukturen hat vor allem zwei Konsequenzen, die die Philosophie der Gegenwart nachhaltig bestimmen. Erstens: Der naive Glaube an die Freiheit des Bewusstseins, der Intentionalität des Willens und die Souveränität des Subjekts werden spätestens durch die Psychoanalyse Sigmund Freuds gebrochen, die auch als eine Symboltheorie des Unbewussten verstanden werden kann. Die Annahme eines nicht bewussten Bereiches, der sich unablässig dem Bewusstsein unterschiebt, raubt jeder Vorstellung einer Autonomie des "Ich", das weiß, was es tut, denkt oder wünscht, das folglich auch über seine Zeichen verfügt, die Plausibilität. Die Kategorie des Unbewussten markiert vielmehr ein Unverfügbares " ein "Es", das sich als einen Pfuhl aus verdrängten Symbolen erweist, dessen Ökonomie des Verlangens jedes Handeln und Denken verzerrt, umlenkt und entstellt. Sie entspricht darin einer unterirdischen Sprache, wie Jacques Lacan präzisiert hat, die sich dem Sprechen laufend unterschiebt (Lacan, 1975, 95). Zweitens: Indem das Zeichen selbst zur Quelle avanciert, wird jede andere Quelle " Wahrnehmung, Vernunft, das Denken, Wirklichkeit etc." zum bloß Vermittelten: Zuerst kommt das Medium, dann das Mediatisierte. Wir bewegen uns folglich in einem Labyrinth von Zuordnungen und Symbolisierungen, die nirgends an ein Ende gelangen: Jeder "Grund" führt seinerseits auf den "Abgrund" der Medialität, bildet kein Erstes, sondern ein Abgeleitetes. Letzteres führt auf eine Bahn, der vielleicht am Entschiedensten der französische Poststrukturalismus und vor allem der Dekonstruktivismus Derridas beschritten hat. Destruiert wird hier noch jene Position, die einst am Ausgang der zeitgenössischen Metaphysikkritik stand: der Primat der Bedeutung. Damit transformiert sich noch einmal die "Transformation der Philosophie" und vollzieht einen Übergang vom Sinn zur Struktur, die freilich, wie Jacques Derrida in einer weiteren Schleife immanenter Radikalisierung herausgestellt hat, ohne Halt bleibt: "Man hat [...] immer gedacht, dass das seiner Definition nach einzige Zentrum in einer Struktur genau dasjenige ist, das der Strukturalität sich entzieht, weil es sie beherrscht. Daher lässt sich vom klassischen Gedanken der Struktur paradoxerweise sagen, dass das Zentrum sowohl innerhalb der Struktur als auch außerhalb der Struktur liegt. Es liegt im Zentrum der Totalität, und dennoch hat die Totalität ihr Zentrum anderswo, weil es ihr nicht angehört. Das Zentrum ist nicht das Zentrum." (Derrida, 1993, 115) Das Paradox impliziert jene Position, die Derrida unter das Stichwort der "Abwesenheit des transzendentalen Signifikats" (Derrida 1974, 88, 89) faßt " Abwesenheit dessen, was "letzten Endes dem Verweis von Zeichen zu Zeichen immer eine feste Grenze" zieht (Derrida, 1974, 85), sei es ein "Grund", "Wahrheit", "Ursprung" oder "Präsenz" (Derrida, 1999, 38). Dagegen setzt Derrida die radikale Unentscheidbarkeit aller theoretischen Begriffe und Unterscheidungen. Das Denken wird so, unter der Ägide von "Schrift", zu einem "Spiel" von Marken oder Spuren als ein fortwährender Überschuss, der dem traditionellen Denken des Mangels und der Verfehlung rigoros entgegengestellt wird. Zuletzt greift Derrida auf das Motiv der "Affirmation" bei Nietzsche zurück, um der produktiven Grundlosigkeit und Unabschließbarkeit des Spiels der Zeichen Ausdruck zu verleihen: "Fröhliche Bejahung des Spiels der Welt und der Unschuld der Zukunft, die Bejahung einer Welt aus Zeichen ohne Fehl, ohne Wahrheit, ohne Ursprung, die einer tätigen Deutung offen ist. [...] Sie spielt, ohne sich abzusichern. [...] Im absoluten Zufall liefert sich die Bejahung überdies der genetischen Unbestimmtheit aus, dem seminalen Abenteuer der Spur." (Derrida 1993, 137)


Literaturverzeichnis

 

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Derrida, Jacques: Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaft vom Menschen, in: P Engelmann (Hsg.), Postmoderne und Dekonstruktion, Stuttgart (Reclam) 1993, S. 114-139

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Gadamer, Hans-Georg: Wahrheit und Methode, in: Gesammelte Werke Bd.1, Tübingen (Mohr Siebeck) 1999

Heidegger, Martin: Sein und Zeit, Tübingen  (Niemeyer) 12. Aufl. 1972

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Hobbes, Thomas: Leviathan, Frankfurt/M Berlin Wien (Ullstein) 1966

Lacan, Jacques: Schriften I, Franfurt/M (Suhrkamp) 1975

Locke, John: Versuch über den menschlichen Verstand (2 Bde), Hamburg (Meiner) 1988

Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft. In: Werke in zwölf Bänden, Bd. X, Wiesbaden (Insel) 1957

Morris, Charles William: Zeichen, Sprache und Verhalten, Düsseldorf (Schwan) 1972

Morris, Charles William: Pragmatische Semiotik und Handlungstheorie, Frankfurt/M (Suhrkamp) 1977

Ockham, Wilhelm von: Summe der Logik. Über die Termini, Hamburg (Meiner), 1984

Peirce, Charles Sanders: Schriften I, Frankfurt/M (Suhrkamp) 1967

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Peirce, Charles Sanders: Naturordnung und Zeichenprozess, Schriften über Semiotik und Naturphilosophie, hsg. v. H. Pape, Frankfurt/M (Suhrkamp) 1991

Platon, Kratylos, in: Sämtliche Dialoge, Bd. II, Hamburg (Meiner) 1998

Saussure, Ferdinand de: Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, Berlin (De Gruyter) 2. Aufl. 1967

Saussure, Ferdinand de: Linguistik und Semiologie. Notizen aus dem Nachlass, Frankfurt/M (Suhrkamp) 1997

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Wittgenstein, Ludwig, Tractatus logico-philosophicus, Kritische Edition. Hsg. von Brian McGuinness und Joachim Schulte, Frankfurt/M 1989

 

Abstract:

 

Signs are the fundamentals of mathematics, natural, and social sciences as well as humanities, technology, and arts and so on.  There are three main approaches of semiotics as a theory of signs: (i) the binary schemes of representation, substitution, or signification (nominalism), (ii) the semiotic triangle (Peirce), (iii) the holistic concept of structuralism (Saussure).  The binary schemes are corresponding to the historical semiotics in Aristotle, Occam, philosophical empirism, and logic.  Usually, signs are defined as relations or functions between two terms, entities, or facts.  That leads to the problem how to reason the distinction between presence and absence, the superiority of ontology, the supposition of external world, or intentional meanings of an independent consciousness beyond signs.  Peirce's 'semiotic triangle' can be understood as an answer to the crisis of the principles of classical semiotics.  In his sense signs are no static relations but rather processes of infinite interpretations relating to welldefined objects.  Hence, no longer signs depends on given meanings, but finalizing sense which remains at least undetermined.  Against any definition of sign as a relation or function the 'semiology' approach of Saussure gives an other answer to the same question.  He speaks of languages as varied structures of differences or oppositions.  The term 'sign' has no identifying meaning, rather than creating by arbitrary cuts or sedimentations which changes all the time.  Hence, signs are reduced to the form of differences itself, which has been radicalized in Derrida's concept of 'différance' as an 'event' or occurence of permanent differing.  Instead of wide spread structures of signs, Derrida prefers talking of  a play of 'markes', which he is calling 'traces' that are displaced or overwrited in permanent manner.  At least, Derrida's theory of 'writing' deconstructs all foundations of signs and sciences.



Veröffentlicht in: Theo Hug (Hrsg.), Einführung in die Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung, Bd. 4, Hohengehren 2001, S. 323 - 338

 

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